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Datenkrake TikTok: Was Online-Werbetreibende wissen müssen

Das soziale Netzwerk TikTok rückt zunehmend in den Fokus der Datenschützer. Erst hatte der europäische Verbraucherschutzverband BEUC (Bureau Européen des Unions de Consommateurs) Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Dabei geht es unter anderem um den Vorwurf, dass Kinder – welche den...
von Usercentrics
2. Mrz 2021
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Das soziale Netzwerk TikTok rückt zunehmend in den Fokus der Datenschützer. Erst hatte der europäische Verbraucherschutzverband BEUC (Bureau Européen des Unions de Consommateurs) Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Dabei geht es unter anderem um den Vorwurf, dass Kinder – welche den Löwenanteil der Nutzerschaft ausmachen – nicht genug vor versteckter Werbung und schädlichen Inhalten geschützt werden. Dann folgte eine saftige 92 Mio. Dollar Strafe als Konsequenz einer Sammelklage in den USA. Der Vorwurf: Datensammlung und -Weitergabe ohne Einwilligung der Nutzer.

 

Die chinesische Plattform scheint es Medienberichten nach generell nicht allzu ernst mit dem Datenschutz zu nehmen. Macht sich hierzulande die nächste Plattform für Werbetreibende breit, die sich über geltende Regeln hinwegsetzt? 

Die Debatte um TikTok in den USA

Der Kampf zwischen dem mittlerweile abgewählten US-Präsidenten Donald Trump und TikTok erhitzte seit Sommer des vergangenen Jahres die Gemüter und bescherte der App viel Medienpräsenz. Trump wollte verhindern, dass sich in den USA eine neue Datenkrake à la Facebook und Google etabliert, die noch dazu ihre Wurzeln in China hat und sensible Nutzerdaten nach Fernost abführt. Mehrere Pläne wurden entworfen, einer davon sah vor, dass eine frisch gegründete Firma das US-Geschäft vom Mutterkonzern Bytedance übernimmt. Doch Trump stieß auf Widerstand bei den Gerichten und auch Bytedance klagte. Der neue Präsident Biden hat das Thema zunächst vertagt. Was bleibt, ist ein fahler Beigeschmack – kann man TikTok und seiner Datenschutz-Strategie vertrauen?

Momentan nimmt die App in Europa ordentlich an Fahrt auf. Auch die europäischen Behörden und Verbände zeigen sich besorgt, doch ähnlich wie beispielsweise Google nutzt TikTok scheinbar geschickt die Lücken im System aus, um etwaige Untersuchungen zu verlangsamen. Zudem sind zwar Verfahren eingeleitet worden, um den Datenschutz der App zu prüfen, doch ist man sich in Europa uneinig, wer dafür verantwortlich ist. Auch zwei Jahre nach dem Start der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist noch keine klare Linie erkennbar. Bislang haben Organisationen in Frankreich, der Niederlande, Dänemark und Großbritannien Untersuchungen eingeleitet. Dann folgte Irland, nachdem TikTok im Sommer ein Datenzentrum in Dublin aufgebaute – was die Komplexität der Thematik nicht gerade reduziert. Hinzu kommt, dass die App innerhalb von kurzer Zeit mehrmals massiv ihre Datenschutzbestimmungen und die technologische Infrastruktur dahinter überarbeitet hat, vermeintlich, um laufenden Untersuchungen den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Doch wer steckt eigentlich hinter der Plattform und wie funktioniert sie?

Wie TikTok Geld verdient

 

Tiktok wurde aus der Musikplattform musical.ly geboren, nachdem der chinesische Konzern Bytedance den Dienst übernommen hatte. Auch heute noch dreht es sich auf der Social-Media-Plattform häufig um Playback-Videos, zu denen die User eine kleine Performance liefern. Im Grunde genommen geht es darum, kleine Videos zu erstellen und diese mit Effekten und Musik zu hinterlegen. Die Clips sind zwischen drei und sechzig Sekunden lang und zeigen meist Musik- oder Tanz-Performances, kleinere Tricks und Sketches. 

 

An der Erstellung dieser Clips direkt verdient Bytedance nichts, doch Advertiser können über Tiktok für Unternehmen Werbung schalten. Die Selbstbuchungsplattform bietet verschiedene Werbeformate an, um sich die Aufmerksamkeit der Nutzer zu sichern. Die Werbetreibenden wählen aus Infeed-Ads oder Clips, die beim Öffnen der App erscheinen, starten Branded Hashtag-Challenges oder produzieren selbst gesponserte Effekte für die User. Dafür stehen diverse Werkzeuge zur Verfügung, um die Anzeigen zu kreieren und zu schalten sowie verschiedene Dashboards und Reportings, um deren Performance zu überblicken. Viele Advertiser greifen jedoch auf Produktplatzierungen oder Influencer Marketing innerhalb des Contents zurück.

 

Neben den Einnahmen durch Werbung finanziert sich TikTok vor allem über In-App-Käufe, indem die Plattform Gebühren bei der Transaktion von Coins erhebt (eine eigene Währung, um die Creators zu belohnen) oder kleinere Angebote wie Spezialeffekte zum Kauf anbietet. Die perspektivisch größte Einnahmequelle dürften aber die Nutzerdaten sein, welche die App sammelt.

 

Vorwürfe wegen Datenschutzverstößen gegen TikTok

TikTok steht wegen des massiven, uninformierten Datensammelns und weiteren DSGVO-Verstößen der Kritik. Verbraucherschützer bemängeln insbesondere, dass kein ausreichender Schutz der Kinder und Jugendlichen gegen versteckte Werbung und schädlichen Inhalten besteht

 

In einer Stellungnahme des BEUC heißt es konkret:

 

“TikTok informiert seine Benutzer nicht eindeutig, insbesondere in einer für Kinder und Jugendliche verständlichen Weise, darüber, welche personenbezogenen Daten zu welchem ​​Zweck und aus welchem ​​rechtlichen Grund erhoben werden. Diese Informationen sind jedoch für Verbraucher bei der Nutzung der Dienste von TikTok von wesentlicher Bedeutung.”

 

Außerdem fehle eine Opt-out-Möglichkeit dafür, dass persönliche Daten für die Werbung genutzt werden, sowie das im Voraus benötigte, explizite Opt-in, das die DSGVO vorschreibt. Generell trage das Design der Plattform dem Datenschutz nicht Rechnung. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Tatsache, dass sich TikTok die Rechte an den Videos seiner Nutzer sichert, um mit ihnen beliebig verfahren zu dürfen. 

 

Die Nutzungsbedingungen des Unternehmens sehen zwar vor, dass TikTok erst ab einem Alter von 13 Jahren verwendet werden darf und Unter-18-Jährige die Einwilligung ihrer Eltern benötigen – doch TikTok holt diese angeblich nicht ein. Verschiedene Studien aus europäischen Ländern veranschaulichen zudem, dass die Nutzerschaft der App tatsächlich extrem jung und zu einem großen Anteil sogar unter 13 Jahren alt ist. So sollen in Frankreich 45 Prozent der Kinder unter 13 Jahren angegeben haben, die App zu nutzen. In Tschechien sei TikTok besonders bei den 11- bis 12-Jährigen beliebt und ein Report aus Norwegen beziffert die Anzahl der 10- bis 11-jährigen Kinder, die auf die Plattform zugreifen, mit 32 Prozent. 

Eine Tiktok-Sprecherin verwies im Gegenzug darauf, dass die Konten von Nutzern unter 16 Jahren per Standard auf privat gesetzt wurden und die jüngeren User nur eingeschränkt Videos hochladen können. Außerdem dürfen diese neuerdings nur von einem kleinen Personenkreis kommentiert werden.

Das Unternehmen schreibt selbst in einem Infoblatt:

 

“Die meisten unserer Nutzer*innen sind zwischen 16 und 25 Jahren alt. Wenn wir erfahren, dass sich ein Kind unter 13 Jahren für ein TikTok-Konto angemeldet hat, ergreifen wir umgehend entsprechende Maßnahmen. Wir verpflichten uns, unsere Schutzmaßnahmen kontinuierlich zu verbessern, um eine sichere Umgebung zu schaffen, in der unsere Nutzer*innen ihre Kreativität und Fantasie ausleben können.” Und weiter: “Wir halten uns an die geltenden Gesetze und Vorschriften zum Datenschutz. Wir erfüllen die DSGVO.”

Die DSGVO sieht eine informierte Nutzereinwilligung und eine explizite Zustimmung zur Verarbeitung persönlicher Daten vor. Dies bedeutet im Klartext, dass der User vor der Erhebung seiner Daten darüber aufgeklärt werden muss, welche Daten zu welchem Zweck verarbeitet werden, und seine Erlaubnis dafür aktiv erteilen muss. Der Leitfaden hierfür lautet: explizit (Opt-in statt Opt-out), informiert, freiwillig (nicht zweckgebunden, also ohne Kopplung), verständlich und einfach widerrufbar. 

Weitere Infos zu den Voraussetzungen für eine gesetzeskonforme Einwilligung finden Sie in unserem Artikel  “7 Kriterien für eine DSGVO-konforme Einwilligung”.

 

Mit einer Consent-Management-Lösung, wie z. B. Usercentrics, kann dieser Prozess leicht und einfach umgesetzt werden, indem man dem Nutzer über ein Pop-Up Banner die Möglichkeit gibt, seine Datenschutz-Präferenzen festzulegen. Ein solches Banner sucht man in der TikTok-App allerdings vergeblich.

Chancen und Risiken für Werbetreibende

Die Vorteile von TikTok für Advertiser liegen auf der Hand: Es liefert ihnen eine große Reichweite und granulares Targeting auf Nutzerdaten bei einer jungen Zielgruppe, die ansonsten eher schwer zu erreichen ist. Hinzu kommen eine relativ einfache Handhabung beim Schalten der Werbespots und detaillierte Reporting-Möglichkeiten. Bislang blieb der große Ansturm vonseiten der Werbetreibenden aus, was die Einkaufspreise für Media auf einem relativ günstigen Niveau verbleiben lässt.

 

TikTok birgt für Advertiser direkt nicht mehr oder weniger Risiken als die anderen Social-Plattformen wie beispielsweise Facebook. Hier geht es vor allem darum, dass die Markensicherheit (Brand Safety) im User-Generated-Content-Umfeld nicht gegeben ist. Dafür sind jedoch diverse Adtech-Unternehmen integriert, welche für die entsprechenden Kontrollmechanismen sorgen sollen. Die Vorwürfe des mangelnden Datenschutzes richten sich an TikTok und nicht an die dort aktiven Werbetreibenden.

Kommt Zeit, kommt (EU-)Rat

Wie bei den anderen großen sozialen Plattformen, die ihr Geschäft rund um Werbung aufgebaut haben, wird Datenschutz bei TikTok weiterhin ein Thema bleiben. Auch die Problematik, dass der Zuständigkeitsbereich für die Kontrolle in der EU unklar ist, wird sich nicht so schnell in Luft auflösen. Es wird sich zeigen, ob und inwiefern TikTok nachbessern und den Anforderungen des Verbraucherschutzverbands gerecht werden kann – und will.  

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